Bildung
„Lebenslanges Lernen“ zahlt sich aus - Fachtagung zur Erwachsenenbildung
„Lebenslanges Lernen“ gilt als Schlüsselwort der Erwachsenenbildung. Mit dem Wandel unserer Gesellschaft verändern sich auch die Anforderungen, die Beruf und Alltag an jeden Einzelnen stellen. Lebenslanges Lernen setzt die persönliche Bereitschaft voraus, sich auf Veränderungen in allen Lebensbereichen einzulassen, neugierig zu bleiben und aktiv das persönliche und gesellschaftliche Umfeld mitzugestalten. Mit einem Fachtag zur Erwachsenenbildung haben wir die bisherigen landespolitischen Maßnahmen auf diesem Feld bilanziert und Handlungsfelder für die Zukunft identifiziert: „Bildung ist der entscheidende Schlüssel, mit dem wir unsere individuelle Zukunftsfähigkeit und damit auch die Zukunft unserer Gesellschaft sichern. Diese ist jedoch keinesfalls mit der Ausbildung, des Studiums oder dem Einstieg in das Berufsleben abgeschlossen. Ausbildung und Weiterbildung ist eine Investition in die Zukunft - mit hoher Rendite und der Chance auf gerechte Teilhabe. Es gibt kein Lebensalter, das ohne Dazulernen auskommt“, so Andrea Bogner-Unden, die als Sprecherin für Weiter- und Erwachsenenbildung die Fachtagung organisiert hat. Es gilt insbesondere für bildungsbenachteiligte Menschen passgenaue Alphabetisierungsangebote zu entwickeln, um ihnen eine gesellschaftliche, politische, kulturelle und berufliche Teilhabe zu ermöglichen.
Mit dem Bündnis für Lebenslanges Lernen (BLLL) haben wir Ende 2011 alle relevanten Träger der Weiterbildung gebündelt und 2015 mit dem Weiterbildungspakt zur "Stärkung des Lebenslangen Lernens" wichtige Grundlagen gelegt. Ein wichtiges Anliegen ist für Bogner-Unden das Thema Grundbildung und Alphabetisierung: „In Deutschland gelten ca. 7,5 Mio. Erwachsene als sogenannte funktionale Analphabeten, darunter circa eine Million in Baden-Württemberg. Das heißt, sie können zwar Buchstaben, Wörter und einzelne Sätze lesen und schreiben, haben jedoch Mühe, einen längeren zusammenhängenden Text zu verstehen. Mit dem 2017 neu gegründeten Landesbeirat für Grundbildung und Weiterbildung gehen wir dieses wichtige Thema jetzt engagiert an und unterstützen Menschen mit Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben.“
Bereits in der letzten Legislaturperiode haben wir den Landeszuschuss für die allgemeine Weiterbildung von 11,2 Mio. Euro im Jahr 2010 auf nun 24,3 Mio. Euro aufgestockt und damit mehr als verdoppelt. Damit sind wir unserem Ziel, alle Träger der Weiterbildung mit ausreichenden Mitteln auszustatten, einen großen Schritt nähergekommen. Mit der höheren allgemeinen Grundförderung sorgen wir dafür, dass Weiterbildungsangebote bezahlbar sind und damit allen Bürgerinnen und Bürgern offenstehen.







Die Ergebnisse im Überblick:
- Der Landeszuschuss für die Allgemeine Weiterbildung liegt immer noch unter dem Bundesdurchschnitt. Es ist das erklärte Ziel der grün-geführten Landesregierung in dieser Legislaturperiode eine Erhöhung des Landeszuschusses anzugehen, denn nur mit einer soliden finanziellen Basis können die Volkshochschulen und andere Träger der Weiterbildung ihre gesellschaftlich bedeutende Arbeit bewerkstelligen. Angesichts der zunehmenden sozialen und politischen Herausforderungen kommt der Weiterbildung eine Schlüsselrolle in unsere Gesellschaft zu.
- In Baden-Württemberg leben laut der aktuellen Leo 2018 Studie mindestens 800.000 gering Literalisierte. Diese hohe Zahl ist für ein modernes Technologieland wie Baden-Württemberg nicht hinnehmbar. Im aktuellen Haushalt hat das Land einen ersten wichtigen Schritt getan und investiert in den Jahren 2019 und 2020 insgesamt 1,2 Mio. Euro in neue Grundbildungszentren sowie Grundbildung- und Alphabetisierungskurse. Dennoch erreichen derzeit alle Träger zusammen in rund 125 Kursen nur rund 1.000 Teilnehmende im Jahr. Wir setzen uns deshalb für eine flächendeckende Alphabetisierungsoffensive ein.
- Es gibt innerhalb Baden-Württembergs einen gravierenden regionalen Unterschied bei der Weiterbildungsquote. So weist Pforzheim landesweit die niedrigste Quote auf. Im Sinne der sozialen Gerechtigkeit werden bei der Förderung der Weiterbildung neue Instrumentarien benötigt, die es ermöglichen, gezielte Förderung einzelner Regionen zu unterstützen.
- In Baden-Württemberg sind individuelle Förderinstrumente geringer ausgeprägt als in anderen Bundesländern. Wir regen deshalb ein Gutscheinprogramm an. So lassen sich neue Zielgruppen besser erreichen und die Teilnahmequote erhöhen. Gleichzeitig wirkt es als Instrument für mehr Bildungsgerechtigkeit, da Menschen mit niedrigem Einkommen nicht von der aktuellen steuerlichen Förderung über die Werbungskosten profitieren.
- Der Paradigmenwechsel in der Erwachsenenbildung zur aufsuchenden Weiterbildung – nicht die Menschen müssen zur Bildung, sondern die Bildung muss zu den Menschen kommen – stellt die Einrichtungen vor große Herausforderungen. Wir prüfen daher ein neues Fördermodell, das die Planungskosten von Angeboten und die Anbahnungskosten bei der Weiterbildungsberatung berücksichtigen sowie die Abrechnung von neuen Formaten ermöglichen soll, die nicht den klassischen Unterrichtseinheiten entsprechen. Das neue Modell müssten die Träger zusammen mit der Politik entwickeln.
- Baden-Württemberg braucht eine leistungsfähige und wohnortsnahe Weiterbildungsstruktur. Für eine hohe Qualität der Weiterbildungsangebote in der Fläche sind ein professionelles Lehrpersonal sowie gut ausgestattete Einrichtungen entscheidend. Die Lehrkräfte in der Erwachsenenbildung sind aktuell häufig prekär beschäftigt und auch bei der Weiterbildung des Lehrpersonals besteht Verbesserungspotential.
- Digitale Medien kommen bisher in der Weiterbildung fast gar nicht vor, obgleich sie immer wichtiger für die gesellschaftliche Teilhabe werden. Die IT-Ausstattung der Einrichtungen und die digitalen Kompetenzen des Lehrpersonals sind äußerst heterogen. Die digitalen Kompetenzen müssen gestärkt werden und es müssen passende pädagogische Konzepte für den Einsatz der digitalen Medien entwickelt werden. Digitale Medien könnten ein wichtiges Mittel darstellen, um neue Zielgruppen zu erreichen, insbesondere Jüngere.