Bildung

Was zeichnet moderne Bildung aus? - Dorothea Wehinger im Fachgespräch

Die Landtagsabgeordnete Dorothea Wehinger, Sprecherin für frühkindliche Bildung der Fraktion Grüne, war am Mittwoch, 17.11.2021, Gastgeberin des digitalen Fachgesprächs „Frühkindliche Bildung im Rahmen der Evaluation und Weiterentwicklung des Orientierungsplans“.

Neben den Referentinnen - Expertinnen aus Wissenschaft und Praxis - hatten sich 65 Teilnehmende aus ganz Baden-Württemberg dazu geschaltet. „Das zeigt, wie wichtig ein Austausch der Politik mit den Akteurinnen und Akteure an der Basis ist“, freute sich Wehinger über das große Interesse. „Ich bin überzeugt, dass die Kitas in der frühkindlichen Bildung eine sehr wichtige Rolle für die Persönlichkeitsbildung der Kinder übernehmen.“

Der Orientierungsplan für Bildung und Erziehung ist Grundlage für die pädagogische Arbeit in Kindertageseinrichtungen in Baden-Württemberg. Er wurde zuletzt im Jahr 2011 überarbeitet.

Neue Herausforderungen der Zukunft meistern

Um den Orientierungsplan an die aktuellen Herausforderungen in der frühkindlichen Bildung und Betreuung anzupassen, hat das Zentrum für Kinder- und Jugendforschung an der Evangelischen Hochschule Freiburg den Orientierungsplan im Auftrag des Kultusministeriums evaluiert. Das Forum Frühkindliche Bildung hat die Evaluation unterstützt und begleitet, die von März 2020 bis März 2021 durchgeführt wurde.

Nach einem Beteiligungsdialog mit den Kitaleitungen soll die Neufassung 2023 den Kindertagesstätten zur Verfügung stehen.

Prof. Dr. Dörte Weltzien, Professorin für Pädagogik der frühen Kindheit an der Evangelischen Hochschule Freiburg und Studiengangsleitung des Masters "Bildung und Erziehung im Kindesalter", stellte die Evaluierung es Orientierungsplans vor.  Bei der Neufassung sollte genau auf die Sprache geachtet werden, betonte sie: „Da geht es um gendersensible Sprache, um vorteilsbewusste Sprache und diskriminierungsfreie Sprache.“ Zudem arbeitete sie heraus, dass das Verständnis von Lernen und Kindern sich nicht allein auf Lernbereiche beschränken solle, sondern dass Bildung sehr viel mit Persönlichkeitsentwicklung und Persönlichkeitsbildung zu tun habe.

Prof. Dr. Nataliya Soultanian, Leiterin des Forums Frühkindliche Bildung Baden-Württemberg, beschäftigte sich in ihrem Beitrag mit den Schlussfolgerungen aus der Evaluation und mit der Weiterentwicklung des Orientierungsplans. „Wir wollen diesen Prozess gemeinsam, transparent, dialogorientiert, qualitätssichernd gestalten“ betonte sie. Dabei seien vielfältige Formen der Beteiligung vorgesehen, etwa Informationsformate, Befragungs- und Konsultationsformate sowie Arbeitsgruppen und Kooperationen. Aus der aktuellen Arbeit der Weiterentwicklung in den Fokusgruppen berichtete Soultanian, dass es dort unter anderem darum gehe, wie die Kooperation zwischen Schule und Kitas strukturell gesichert und pädagogisch geplant werden kann.

Eva Reichert-Garschhammer, stellvertretende Leiterin des IFP (Staatsinstitut für Frühpädagogik) in München, referierte zur Stärkung und Weiterentwicklung der Digitalisierung und Medienkompetenz in Kitas. „Fakt ist, dass wenn die Kinder in die Kita kommen, die allermeisten digitale Erfahrungen mitbringen“, stellte sie fest. Die Vermittlung von Medienkompetenz leiste also einen Beitrag gesellschaftliche Teilhabe von Kindern. Bedeutend sei die Einbeziehung der Eltern, betonte Reichert-Garschhammer: Sie könnten ihren Kindern vermitteln, wie Medien durchschaut und kritisch zu hinterfragen werden können.

Karin Lakotta, Einrichtungsleiterin des KiFaZ Wilde Hilde Stuttgart und Sprecherin der Unterausschussgruppe frühkindliche Bildung, teilte ihre Erfahrungen mit dem Orientierungsplan und dessen Umsetzung im Kita-Alltag im städtischen Umfeld. Sie gab zu bedenken, dass ihre Einrichtung schon lange nach dem Orientierungsplan arbeite, aber es zu dessen Umsetzung eine Vielzahl an Vorgaben gebe. <s>„Wir haben alleine bei uns in der Einrichtung bis Mai Schulungen, die nur rein rechtlicher Natur sind. Ab dann fängt bei uns erst die Pädagogik in den Hausteams an“, berichtete sie</s>. Lakotta wünschte sich multiprofessionelle Teams in Kitas, damit pädagogische Fachkräfte bei Hauswirtschaft oder Verwaltung entlastet werden könnten. Außerdem regte sie die Einführung eines Qualitätssiegels für Kitas an, die die Inhalte des Orientierungsplans umsetzen.

Sigrun Korynta, Leiterin der Kindertagesstätte St. Vinzenz Tengen und Fachberaterin für Kitas der Kommune Tengen, berichtete aus dem Umgang mit dem Orientierungsplan im Kita-Alltag im ländlichen Raum. Ihr zufolge läuft eine Umsetzung in der Praxis oft holprig und könne nur durch die Bereitstellung entsprechender Mittel gelingen. „Egal mit welchem Konzept man den Orientierungsplan umsetzt - es soll auch Spaß und Freude machen, ihn weiterzuentwickeln“, betonte sie. Für die Umsetzung des Orientierungsplans brauche es qualifizierte Fachkräfte und entsprechende Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote.

Volker Schebesta, Staatssekretär im Kultusministerium, betonte in seinem Grußwort „Mit dem Orientierungsplan haben wir in Baden-Württemberg wirklich sehr dazu beigetragen, dass Qualität in der frühkindlichen Bildung sehr viel deutlicher auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen worden wird.“ Er versicherte, sich für eine stärkere Verbindlichkeit des Orientierungsplans einzusetzen und dass es zu einer erheblichen Aufstockung der Landesmittel mit Bundesmitteln kommen werde.

In den Diskussionsrunden drehten sich die Fragen unter anderem darum, wie rasch die Ergebnisse der Evaluation umgesetzt werden können. Der Prozess sei aufgrund des Beteiligungskonzeptes langwierig, lautete die Antwort der Expert*innen.

Neue Impulse setzen

In ihrem Schlusswort betonte Dorothea Wehinger: „Auf den Anfang kommt es an. Und, dass wir - wie im Koalitionsvertrag vereinbart – in eine verbindliche Umsetzung des Orientierungsplans einsteigen. Ich freue mich daher sehr über die Weiterentwicklung des Orientierungsplans und setze mich stark dafür ein, dass wichtige Zukunftskompetenzen für Kinder, wie die Medienkompetenz, aber auch Kinderrechte und Kinderschutz verankert werden.“

„Wir müssen zum Gelingen der frühkindlichen Bildung die Eltern stärker als Partner mit einbeziehen. Auch beim Thema Inklusion besteht ein großer Unterstützungsbedarf durch Weiterbildungen, der auch in den Hoch-/ und Fachschulen besser berücksichtigt werden muss. Der Orientierungsplan kann uns dabei helfen, das moderne Familienbild positiv umzusetzen, sodass Vielfalt in den Kitas gelebt werden kann. Der Orientierungsplan kann für alle eine einheitliche Definition für das Wort Bildung bieten, den Inhalt der Bildung auch klar definieren, sodass alle das Gleiche meinen, wenn sie von Bildung sprechen“, sagt Dorothea Wehinger abschließend.

Als wichtige Impulse aus dem Fachgespräch zieht sie, dass sie sich weiter stark dafür einsetzten wird, dass die Themen Kinderrechte, Kinderschutz, Inklusion, Medienkompetenz und Nachhaltigkeit in der Weiterentwicklung des Orientierungsplan verankert werden. Zudem plant sie im kommenden Jahr für die Fachöffentlichkeit der frühkindlichen Bildung ein Fachgespräch zum Thema Inklusion mit Expert*innen zu diesem zentralen Thema.