Zedern und türkische Haselnüsse - Klimawandel ändert Wälder
Würden wir unseren Wald in 100 Jahren noch erkennen? Der Klimawandel verändert auch die Wälder in Baden-Württemberg. Unser naturschutzpolitischer Sprecher, Dr. Markus Rösler besichtigt eine forstliche Versuchsfläche, auf der in den nächsten 100 Jahre getestet wird, wie einheimische und exotische Baumarten mit zunehmender Trockenheit und Hitze zurechtkommen.
Atlaszedern vom Mont Ventoux in Frankreich, Libanonzedern aus der Südtürkei und Türkische Hasel vom Balkan: Diese drei Baumarten wachsen in Reih und Glied und in großer Zahl auf der neuen Versuchsfläche im Pulverdinger Holz zwischen Vaihingen/Enz und Markgröningen. „Fichte, Tanne und wahrscheinlich sogar die Buche haben wegen des Klimawandels im Jahr 2100 mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Zukunft mehr im Landkreis Ludwigsburg“, sagt Markus Rösler.
Der Leiter des zuständigen Kreis-Forstamtes, Michael Nill, prüft regelmäßig das Wachstum der Setzlinge. Begleitet wird das Projekt durch Expertinnen und Experten der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) in Freiburg.
Rösler, in dessen Wahlkreis die Versuchsfläche liegt, ließ sich vor Ort viele Fragen beantworten: Wie kommen die exotischen Bäume mit der zunehmenden Trockenheit zurecht? Wie verhalten sie sich im Zuge des Klimawandels? „Die geplanten 100 Jahre Laufzeit zeigen einmal mehr die Langfristigkeit, in der Försterinnen und Förster denken“, lobt Rösler.
„Auf der Versuchsfläche sind zusätzlich heimische Baumarten, wie Traubeneiche und Hainbuche. So kann an einem einheitlichen Standort direkt verglichen werden, ob die südeuropäischen und nordafrikanischen Baumarten in unserem sich wandelnden Klima zur Beimischung geeignet sind. Gemeinsam mit einer Untersuchungsfläche bei Rastatt ist dies die erste Fläche in ganz Baden-Württemberg mit einem derartigen Untersuchungs-Design", so Rösler.
Trockenheit und Hitze strapazieren nicht nur die Wälder: Im März und April dieses Jahres fiel rund 40 Prozent weniger Regen in Baden-Württemberg als im langjährigen Mittel. Der April 2020 war laut der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) einer der drei trockensten seit 1881. Außerdem war er mit über 11 Grad im Tagesdurchschnitt der viertwärmste April in 140 Jahren.
„Die Analysedaten der LUBW zeigen den Klimawandel im Südwesten einmal mehr und erschreckend deutlich: Wenn unsere Wälder auch in Zukunft ihre wichtigen Schutz- und Nutzfunktionen erfüllen sollen, muss die Zusammensetzung der Baumarten sehr strapazierfähig sein. Der Wald ist Lebensraum für unzählige Tier- und Pflanzenarten. Aber auch als Erholungsort für uns Menschen sind die kommunalen, staatlichen und privaten Waldstücke nicht zu unterschätzen“, sagt Rösler.
Frei geworden war die Fläche zwischen Vaihingen und Markgröningen weil die dort stehenden Bergahorn-Bäume durch die Rindenruß-Krankheit und die Eschen durch das Eschentrieb-Sterben massiv geschädigt waren und so 1,5 Hektar am Stück gerodet wurden. „Das ist im Forst in Baden-Württemberg allerdings eine Ausnahme“, betont Rösler.
„Es ist nicht selbstverständlich, dass wir ein solch interessantes Real-Labor vor der Haustür haben“, freut sich Rösler. Denn der Kreis Ludwigsburg ist mit einem Waldanteil von ca. 18,5 Prozent der waldärmste Landkreis in ganz Baden-Württemberg. Landesweit liegt der Waldanteil bei 38,4 Prozent.