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Grüne drängen auf Ausbau der Neckarschleusen - Bundesverkehrsminister Wissing blockt
Die Grüne Fraktion setzt sich für den Ausbau der Neckarschleusen ein, um die Schifffahrt für längere Gütertransporte entlang von Rhein und Neckar zu ermöglichen. Trotz Vereinbarungen zwischen Bund und Land stellt sich Bundesverkehrsminister Volker Wissing dagegen.
Verkehrsminister Wissing weigert sich, den Neckar zukunftsfähig zu machen. Schleusen, Schleusentore und Wehre auf dem Neckar benötigen dringend eine Grundinstandsetzung. Eine Erweiterung der Schleusen für 135-Meter-Schiffe ist nach wie vor nicht geplant.
Der für Binnenschifffahrt zuständige Abgeordnete der Landtagsfraktion Grüne, Thomas Marwein, sagt: „Die Bausubstanz der Bauwerke am Neckar ist in einem desolaten Zustand. Schleusen, Tore und Wehre benötigen dringend eine Grundinstandsetzung oder einen Ersatzneubau. Alle 27 Wehre sind betroffen. Nur die Tore zu sanieren, wie von Verkehrsminister Wissing kürzlich kommuniziert, ist völlig unzureichend. Es ist nicht nachvollziehbar, dass mit der Sanierung keine Schleusenverlängerung einhergeht. Auch wirtschaftlich macht das keinen Sinn. Verkehrsminister Wissing versagt auf ganzer Linie.“
Bei einem Treffen im Stuttgarter Hafen im April 2024 informierten sich Thomas Marwein MdL, Gudula Achterberg MdL und Lukas Benner MdB (alle Bündnis 90/Die Grünen) bei Carsten Strähle, Geschäftsführer der Hafen Stuttgart GmbH, und Walter Braun, Leiter des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Neckar (WSA), über den Zustand der Schleusen, Schleusentore und der Wehre am Neckar. Lukas Benner, in der Grünen Bundestagsfraktion zuständig für Binnenschifffahrt, besuchte erstmalig den Neckar und machte sich ein Bild vor Ort.
Thomas Marwein betont: „Die Bauwerke am Neckar befinden sich in einem kritischen Zustand. Das wurde uns deutlich vor Augen geführt. Das ist ein dramatischer Befund und ein Alarmsignal!“
Marwein erinnerte daran, dass Baden-Württemberg seit 2007 bereits circa 6,8 Millionen Euro an den Bund gezahlt hat. Damit sind rund 100 Personalstellen beim Wasserstraßen-Neubaumamt in Heidelberg (WNA) finanziert, die den Ausbau der Neckarschleusen vorantreiben sollten. „Passiert ist nichts, absolut nichts!“ so Thomas Marwein.
Am Neckar gleicht kein Bauwerk dem anderen. Dies zeigt sich vor allem bei den Toren, von denen es zehn Typen mit Untervarianten gibt. Die Schleusen, Schleusentore und Wehre am Neckar sind zwischen den Jahren 1902 und 1968 entstanden. Allein 13 der 27 Bauwerke wurden vor 1930 gebaut; sieben weitere in den 1930er Jahren. Die Homepage des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Neckars spricht von einem Stahlwasserbaumuseum.
Thomas Marwein: „Der Besuch hat uns noch einmal deutlich vor Augen geführt: Der Umfang der notwendigen Maßnahmen wird vom Bund völlig unterschätzt. Der Instandhaltungsbedarf ist aufgrund Alter und Zustand sehr viel höher als bisher angenommen. Auch das Thema Sicherheit spielt eine Rolle. Wir müssen uns auf eine intakte Bausubstanz verlassen können. Bei einem Stahlwasserbaumuseum sind ernste Zweifel angebracht. Wenn wir unsere Schifffahrtsstraßen auf dem Neckar für den Güterverkehr attraktiv machen wollen, dann muss endlich was passieren – und zwar nicht zu knapp. Ich erwarte vom zuständigen Bundesverkehrsminister, dass er die Vordringlichkeit wieder anerkennt und endlich Bewegung in die Sache bringt. Wirtschaft und Politik in Baden-Württemberg erwarten ein deutliches Signal aus Berlin.“
Carsten Strähle, Geschäftsführer der Hafen Stuttgart GmbH, unterstreicht: Wenn wir die Chance der Verlängerung jetzt nicht nutzen, kommt sie erst in 80 bis 100 Jahren wieder. Die Verlässlichkeit mit diesem Museum bei den Gewerken wird immer wichtiger. Wenn die Mitarbeitenden vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Neckar nicht 16 Stunden am Tag rausgehen würden, wenn etwas klemmt, hätten wir große Probleme mit der Zuverlässigkeit.“ Und weiter: „Bei einer Verlängerung der Schleusen und Einsatz von 135-Meter-Schiffen hätten wir 40 Prozent mehr Kapazitäten. Um mal ein Beispiel aus der Praxis zu nennen: Neue Tore brauchen neue Verschlüsse. Da ist es egal, ob der Verschluss an dieselbe Stelle kommt oder weiter weg. Die Aussage des Bundesverkehrsministers, dass diese paar Meter 80 Prozent Mehrkosten verursachen, lässt sich nicht nachvollziehen.“
Lukas Benner MdB formuliert deutlich: „Das derzeitige Budget im Bund für die Binnenschifffahrt ist bereits knapp bemessen. Bei den anstehenden Haushaltsverhandlungen dürfen wir bei den Wasserstraßen keinesfalls mehr kürzen und somit wichtige Infrastrukturprojekte wie Sanierung oder Ersatzneubau weiter verschieben. Die Wasserstraße ist die Lebensader der Industrie und muss entsprechend angemessen finanziell ausgestattet sein.“
Hintergrund:
Die Binnenschifffahrt ist nach der Straße und der Schiene der drittwichtigste Verkehrsträger in Deutschland. Im Vergleich zu den bereits überlasteten Straßen- und Schienenwegen haben die Wasserstraßen noch erhebliche Kapazitätsreserven. So auch der Neckar. Zudem ist das Binnenschiff das umweltfreundlichste Verkehrsmittel. Eigentümer des Neckars als Bundeswasserstraße ist der Bund, der diesen in eigener Zuständigkeit durch die Wasser- und Schiffsfahrtverwaltung betreibt.
2007 schlossen Bund und Land eine Verwaltungsvereinbarung über den Ausbau der Neckarschleusen für 135-Meter-Schiffe. Es war geplant, dass der Bund den Ausbau bis 2025 vornimmt. Zudem wurde 2016 die Verlängerung der Neckarschleusen im Bundesverkehrswegeplan 2030 und im Bundeswasserstraßenausbaugesetz als Vorhaben des vordinglichen Bedarfs festgeschrieben.
In der Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Land sind anteilige Personalkosten des Landes für die Schleusenverlängerung ausgewiesen. Für rund 100 Personen wurden seit Beginn der Vereinbarung 6,8 Millionen Euro an den Bund für die Schleusenverlängerung überwiesen. In den 15 Jahren wurde eine Genehmigungsplanung eingereicht und abgeschlossen; eine Ausführungsplanung erfolgte nicht. Kein Bauwerk wurde grundsaniert oder verlängert.