Auch Richterinnen und Richter sollen gehört werden
Die Landesregierung hat sich eine Politik des Gehörtwerdens zum Ziel gemacht. Das betrifft nicht nur Bürgerinnen und Bürger, sondern auch spezielle Berufsgruppen in ihrem Verhältnis zum Staat. Eine ist die Justizverwaltung. Gerade Richterinnen und Richter haben bei Themen wie der Gestaltung des Arbeitsplatzes oder Fortbildungen, Regelungen zum Bereitschaftsdienst oder zur Einführung der elektronischen Akte wenig Mitspracherechte. Hier wollen wir nachbessern und deswegen die Mitbestimmungsrechte innerhalb des derzeitigen Systems stärken. Bei einer Podiumsdiskussion im vollen Mosersaal des Landtags diskutierte der rechtspolitische Sprecher der Fraktion, Jürgen Filius mit Richterinnen und Richtern, einer Vertreterin des baden-württembergischen Justizministeriums und mit hochrangigen Berufsvertreterinnen und -vertretern, wie eine weitere Stärkung der Rechte der Justizbeschäftigten aussehen könnte. Ist die Einführung von Mitbestimmungsgremien erforderlich? Die Vor- und Nachteile stärkerer richterlicher Mitbestimmung – auch im Hinblick auf den Erhalt einer effektiven Justizstruktur - wurden intensiv erörtert. Bettina Limperg, Amtschefin des Justizministeriums, stellte die Vorhaben des Justizministeriums in diesem Bereich dar und gab eine Einschätzung über mögliche weitere Schritte. Carola von Paczensky hatte als Staatsrätin in der Justizbehörde Hamburg eine Gesetzesinitiative zur Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz während der schwarz-grünen Koalition auf den Weg gebracht und konnte so ihre Erfahrungen mit einem konkreten Rechtsetzungsvorhaben in diesem Bereich schildern. Prof. Johann Bader setzte sich als Vorsitzender des NRV Baden-Württemberg stark für eine weitgehende Selbstverwaltung der Justiz ein, während Matthias Grewe als Vorsitzender des Vereins der Richter und Staatsanwälte in Baden-Württemberg den Erfolg, der mit der weitgehenden Gleichstellung der Mitwirkungsrechte in Präsidialrat und Hauptstaatsanwaltsrat erreicht wurde, betonte und die Bedeutung von Mitwirkungsrechten und deren Entwicklung innerhalb der Justiz hervorhob. Reiner Frey, der Präsident des Landgerichts Tübingen ist, schilderte seine Erfahrungen aus der Praxis eines Personalverantwortlichen. Insgesamt zeigte sich, dass derzeit keine richterlichen Mitbestimmungsgremien auf Ebene der Obergerichte und der Ministerien bestehen. Überwiegend wurde hier der Bedarf gesehen, auch Richterinnen und Richtern in diesen Zweigen im Rahmen eines institutionalisierten Gremiums Mitspracherechte einzugestehen. Als eine Möglichkeit ist hier die Einführung entsprechender Stufenvertretungen zu sehen, zu der sich die politischen Akteure offen zeigten. Die Diskussion war ein erster Schritt im Rahmen der Debatte um mehr Mitsprache im Justizsystem. Es wird intensiv zu erörtern und zu prüfen sein, welche Rechte konkret erforderlich sind, was in Zeiten knapper Personalbudgets machbar ist und wie der Vorrang der Hauptaufgabe der Justiz - die Rechtsprechung - auch bei zusätzlichen Mitbestimmungsgremien sichergestellt werden kann.