Unsere Lebensversicherung für die Zukunft
Teller klappern. Blätter rascheln. Kinderhände greifen nach dem letzten Stück Kirschkuchen. Den ganzen Nachmittag lässt sich keine Biene oder Hummel blicken. Kaffee und Kuchen am Gartentisch ohne nerviges Summ-summ. Ist doch sowieso viel entspannter? Spätestens bei der nächsten Kirschblüte wird klar: Ohne Biene, Hummel & Co keine Kirschen: Kein Kuchen.
Was den Arten hilft, ist auch gut fürs Klima
Warum Arten schützen? In der Natur hängt alles zusammen. Blüten und Bienen sind ein Ökosystem – keiner kommt jeweils ohne den anderen aus. Seit langem setzen wir Grüne uns erfolgreich für den Erhalt von Insekten und den Schutz der Artenvielfalt ein. Die verschiedenen Arten sind wie ein dichtes Netz miteinander verwoben. Wenn immer mehr Arten aussterben, wird das Netz löchrig und hält nicht mehr. Das bekommen dann auch wir zu spüren. Äpfel, Tomaten, Nüsse, Pflanzenöle und Gewürze - ein Drittel unserer Lebensmittel muss von Insekten bestäubt werden. Aber Artensterben macht nicht nur unsere Teller leerer, sondern schadet auch dem Klima: Artenvielfalt stellt sicher, dass Ökosysteme wie Ozeane und Wälder funktionieren, die als CO2-Speicher sehr wichtig sind. Klimawandel und Artensterben hängen miteinander zusammen und beschleunigen sich gegenseitig. Umgekehrt gilt: Was den Arten hilft, ist auch gut fürs Klima. Unsere Volkswirtschaft, Lebensgrundlage, Nahrungsmittelsicherheit und Lebensqualität sind direkt vom Artensterben betroffen. Artenvielfalt ist unsere Lebensversicherung.
Artensterben findet weltweit statt. Die Ursachen dafür sind sehr unterschiedlich, deshalb muss das Artensterben überall anders bekämpft werden. Weltweit sind eine Millionen Arten vom Aussterben bedroht. In Baden-Württemberg gibt es rund 50.000 Tier- und Pflanzenarten. Bereits 40 Prozent davon sind gefährdet.
Deshalb setzen wir GRÜNE uns ein: Für Grünspechte und Schwarzspechte, Rotkehlchen und Bläulinge. Wir kaufen und renaturieren Moore, fördern den Baumschnitt und die Vermarktung von Streuobst.Wir gründen Landschaftserhaltungsverbände und fördern Weidetierhalter, schützen Gewässerrandstreifen und Grünland.
Der Schutz unserer Arten ist uns lieb und teuer. Von 30 Millionen Euro pro Jahr 2011 haben wir die Mittel für den Naturschutz auf 60 Millionen Euro im Jahr 2016 erhöht. Im Jahr 2021 werden wir in Summe bei 90 Millionen Euro im Jahr liegen. In zehn Jahren haben wir die Finanzmittel für Naturschutz fast vervierfacht - das gibt es in keinem anderen Bundesland in Deutschland. Auch unsere inzwischen neun Bio-Musterregionen tragen dazu bei, dass Regenwürmer und Feldlerchen wieder häufiger werden.
Hand in Hand - Landwirtschaft und Naturschutz zusammen denken
Landwirtschaft und Naturschutz geht bei uns Hand in Hand: 2011 gab es sechs Landschaftserhaltungsverbände (LEVs) im Land. Unter grüner Führung haben wir beschlossen, diese Einrichtungen und die Arbeit von Landwirten und insbesondere auch Schäfern und anderen Weidetierhaltern finanziell zu fördern.
2019 sind es schon 33 LEVs in den 35 Landkreisen des Landes. Dort arbeiten Naturschützer, Landwirte und Kommunen vorbildlich zusammen. Über die Landschaftspflegerichtlinie fördern wir die Bewirtschaftung von Wacholderheiden, Blumenwiesen, Feuchtwiesen: Das ist gut für Orchideen, Wiesenbocksbart und Trollblume.
2017 hat die grün geführte Landesregierung ein bundesweit einmaliges Sonderprogramm zur Stärkung der biologischen Vielfalt auf den Weg gebracht. Auf der folgenden Seite stellen wir einige Schwerpunkte vor.
Ein lebendiges und vielfältiges Ökosystem sorgt für sauberes Wasser, saubere Luft und gesunde Böden. Pflanzen und Tiere sind Ökosystemdienstleister, die für uns unentgeltlich arbeiten. Und wir schaffen sie gerade ab, obwohl sie unsere Lebensversicherung sind.
Biodiversität bedeutet ja nicht nur Vielfalt der Arten, sondern auch Vielfalt der Lebensräume und genetische Varianz, also die Vielfalt der Variation innerhalb einer Art. Wenn Getreidepflanzen und viele andere Lebensmittel unter anderen Klimabedingungen wachsen sollen, dann brauchen wir Varianten dieser Pflanzen. Wenn wir große Teilbestände vernichten, schränken wir auch die Möglichkeit ein, solche Varianten zu finden, die sich klimatisch besser anpassen können. Es geht also nicht nur um das Artensterben. Wir dürfen auch die Bestände und die Verbreitung der Arten und Artengemeinschaften nicht immer weiter beschneiden.
Mehr zum Programm zur Stärkung der biologischen Vielfalt gibt es hier. Die Naturschutzstrategie des Landes finden Sie hier.
Ohne Moos nix los!
Wir retten Moore, Moose und Molche! Moore sind Kohlenstoffspeicher und daher unverzichtbar für den Klimaschutz. In den vergangenen Jahrzehnten wurden viele Moore entwässert - sie werden heute land- oder forstwirtschaftlich genutzt. Dadurch wurden große Mengen an CO2 in die Atmosphäre freigesetzt.
Wir ändern das. Viel wurde bereits erreicht: mehr als 5 Millionen Euro und 1.500 Maßnahmen für den fleischfressenden Sonnentau, wasserspeichernde Torfmoose und schillernde Libellen. Schritt für Schritt werden Moore wieder vernässt und ehemalige Moorflächen aufgekauft und renaturiert. Für die kommenden zwei Jahre stehen im Rahmen des Sonderprogramms zur Stärkung der biologischen Vielfalt zusätzlich 1,5 Millionen Euro bereit. Damit es wieder fröhlich quakt und summt.
Mehr Infos zum Moorschutz gibt es hier.
Ein Königreich für eine Biene
Wir wollen wertvolle Lebensräume von seltenen Arten erhalten. Um die biologische Vielfalt der heimischen Kulturlandschaft zu schützen, unterstützen wir seit Jahren nachhaltige Bewirtschaftungsformen. Mit dem Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT) können Landwirte bereits heute einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der biologischen Vielfalt in der Kulturlandschaft leisten. Beispielsweise fördern wir Brachebegrünungen mit Blühmischungen: Mehr als 12.000 ha konnten bisher landesweit aufgewertet werden. Diese Blühflächen werden von vielen Tierarten besucht und sind wertvolle Nahrungsgrundlagen in der pollen- und nektararmen Zeit nach der Blüte zwischen Juni und Oktober. Zudem startet in diesem Jahr das neue Programm „Blüh-, Brut- und Rückzugsflächen (Lebensraum Niederwild)“ mit dem Ziel, wertvolle Lebensräume für Feldhasen, Feldvögel und Insekten zu schaffen.
Archaeopteryx ist tot, lang lebe der Kiebitz!
Die Welt erlebt derzeit das größte Artensterben seit dem Verschwinden der Dinosaurier. Wir entziehen dem Planeten mehr nachwachsende Ressourcen als jemals zuvor. Das bleibt nicht ohne Folgen. Deshalb steuert Baden-Württemberg dagegen und setzt sich aktiv für den Schutz der Lebensräume von gefährdeten Arten ein.
Feuchtwiesen sind für viele seltene Tier- und Pflanzenarten wie Kiebitze, Uferschnepfen und Brachvögel wichtige Lebensräume. Doch diese Lebensräume sind bedroht. Sie können vielerorts nur dort erhalten werden, wo sie entweder in Schutzgebieten gepflegt werden, oder Landwirte für naturverträgliche und weniger profitable Wirtschaftsformen einen Ausgleich erhalten. Auch Brutvögel, die in Gebäuden nisten, finden immer weniger Rückzugsmöglichkeiten. Denn Dörfer nehmen immer mehr städtischen Charakter an. Gleichzeitig fehlt Nahrung, weil Insekten weniger werden.
Viele dieser Lebensräume benötigen eine spezielle Pflege durch den Menschen: Sie müssen gemäht, mit Schafen beweidet oder von Gehölzen befreit werden. Um diese besonderen Habitate mit all ihrer Vielfalt zu erhalten, unterstützen wir die unteren Naturschutzbehörden und Landschaftserhaltungsverbände bei solchen Schutz- und Pflegemaßnahmen.
Einer flog über das Kuckucksnest...
Amsel, Drossel, Fink und Star und die ganze Vogelschar…das war einmal. Inzwischen sind auch bislang weit verbreitetete und bekannte Arten in Gefahr. Eine der Hauptursachen: Das globale Phänomen des Insektensterbens. Um besser zu verstehen, was passiert, müssen wir mehr wissen. Deshalb haben wir gezielt in das Monitoring von Arten investiert. Nicht nur die Insektenvielfalt zu Lande und in der Luft soll untersucht werden, sondern auch die Bestände von Tieren, deren hauptsächliche Nahrungsquelle Insekten sind. Dazu zählen vor allem Vögel und Fledermäuse. Um ein Gesamtbild zu bekommen, hilft auch der Blick von oben: Von Flugzeugen oder Satelliten getragene Sensoren ermöglichen es, Wälder als wertvolle Lebensräume zu beobachten. BW ist mit dem landesweiten Insektenmonitoring bundesweit Vorreiter. Wir wollen dieses Programm langfristig verstetigen und fest etablieren.
Wiedehopf, Steinkauz oder Apollofalter - Gekommen, um zu bleiben.
Wir vernetzen Lebensräume und schaffen Rückzugsorte für gefährdete Arten: Das Natura 2000-Schutzgebietsnetz spannt sich über ganz Europa — insgesamt 302 dieser Gebiete mit einer Gesamtfläche von 630.000 ha befinden sich in Baden-Württemberg. Natura 2000-Gebiete sind die Schatzkisten des europäischen Naturerbes und beherbergen beispielsweise Wacholderheiden, blumenbunte Mähwiesen und Pfeifengraswiesen. Dort leben auch einzigartige Arten wie Bechsteinfledermaus, Steinkrebs, Feuerfalter, Frauenschuh, Eisvogel, Kiebitz und Gelbbauchunke. Viele dieser Lebensräume benötigen eine spezielle Pflege durch den Menschen: u. a. müssen sie gemäht, mit Schafen beweidet oder von Gehölzen befreit werden. Um diese besonderen Habitate mit all ihrer Vielfalt zu erhalten, stellt das Sonderprogramm Biodiversität der Landesregierung zusätzliche Mittel für die Förderung unseres Naturerbes bereit. Dabei sollen die unteren Naturschutzbehörden und Landschaftserhaltungsverbände zuständige Akteure vor Ort beraten, um Schutz- und Pflegemaßnahmen schnellstmöglich umzusetzen.
Auch die rund 1.000 Naturschutzgebiete Baden-Württembergs sind Refugien für seltene Tier- und Pflanzenarten. In einer vielerorts monotonen Landschaft wirken sie wie Oasen für die Natur. Jedoch müssen die Naturschutzgebiete gezielt geplegt werden, damit sich dort beheimatete Arten wieder in umliegende Landschaften ausbreiten können. Seit 2017 wurden zahlreiche Maßnahmen zur Qualitätssicherung von Naturschutzgebieten ins Leben gerufen – mit dem Sonderprogramm werden diese Projekte weiter intensiviert. Gemeinsam wird für jedes Naturschutzgebiet überlegt, wie es künftig optimal entwickelt werden kann – damit sich Wiedehopf, Steinkauz und Apollofalter weiter bei uns zuhause fühlen.
Dschungelbuch im Garten? Probier's mal mit Gemütlichkeit
Früher war Omas Vorgarten zu jeder Jahreszeit ein Blütenmeer. Doch der Rücken ist krumm und die Nachbarn haben sich beschwert - das ganze Laub. So ein Kiesgarten ist doch viel pflegeleichter - gerade jetzt im Alter. Alles absägen, mit der Planierraupe drüber - Igel und Amseldame fliehen überstürzt - Folie drauf, Steine drüber, fertig. Noch ein paar hübsche Marmorpfeiler dazu und zack: Ruhe. Kein Summen, Rascheln und kein Laub. Die Kehrseite: Steingärten enthalten wenig oder gar keine Pflanzen. Das Stadtklima heizt sich weiter auf. Denn Pflanzen wirken wie eine Klimaanlage. Außerdem könne in diesen Gärten das Wasser nicht mehr gut abfließen, weil Beton oder Folie unter den Schottergärten ausgelegt sei. Häufig werden sogenannte Neophyten, also nicht-heimische Pflanzenarten, gepflanzt, die sich außerhalb des Gartens ausbreiten und die heimischen Arten verdrängen. Sie bieten aber hiesigen Tieren kaum oder gar keine Nahrung.
Schon die kleinste Fläche kann einen großen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt leisten. Wir haben deshalb das Projekt „Blühende Gärten – damit es summt und brummt!“ ins Leben gerufen. Das Ziel des Projekts ist die Steigerung der biologischen Vielfalt im Siedlungsraum. Vorträge und Beratungen zeigen Privatpersonen, Kirchengemeinden, Vereinen oder Unternehmen, wie naturnahe Gartengestaltung funktioniert.